Kaum haben wir Rothenburg verlassen, liegt doch quer über dem Radweg nicht nur ein großer Ast, sondern gleich ein ganzer Baum. Der ist zwar nicht so mächtig, dass wir gezwungen wären, die Räder darüber hinweg zu wuchten, doch rüberfahren ist auch nicht. So versuchen wir ihn zur Seite zu zerren, was anfangs etwas schwer geht, doch letztlich doch gelingt. Ein bedeckter Himmel und immer wieder Regen begleiten uns in Richtung Ansbach, aber wir sind ja nun durch die Rücke-Aktion gut aufgewärmt. Vorbei geht es an der Burg Colmberg. Sie gehört zu den besterhaltenen mittelalterlichen Festungsanlagen in Franken.

Aufgrund des Wetters halten wir uns nicht lange in der eigentlich sehr schönen Stadt Ansbach auf, sondern ziehen weiter. Offenbar hat diese Entscheidung unserem Karma nicht so gut gefallen, denn das Wetter wird noch fordernder. Der Himmel öffnet sich für einen gleichmäßigen starken Regen, und als wäre dies nicht genug, zeigt das Thermometer nur noch acht Grad Celsius. Was uns Menschen im Moment nicht so ganz gefällt, liebt die Sonnenblume an Doris' Lenker umso mehr. Sie strahlt ihr in den Regentropfen regelrecht liebevoll entgegen.

Kaum richtig in diesen Gedanken verloren, geht es durch einen recht langen Tunnel. Zwar regnet es da drin nicht, aber das fehlende Licht bringt die Stimmung auch nicht wirklich auf Trab. Doch kaum sind wir durch, empfängt uns strahlender Sonnenschein – einfach unglaublich. Wir können die Regenkleidung wieder ausziehen und die Handschuhe zum Trocknen während der Fahrt an den Lenker hängen.

Plötzlich macht unser Anhänger ein unschönes Geräusch. Ach herrje, ein Platten zeichnet sich ab. Wir schaffen es gerade noch in den Ort Ornbau. Dieses Zeichen können wir nun wirklich nicht mehr ignorieren. Eigentlich wollen wir noch zum Atlmühlsee, doch so richtig Freude hätten wir aufgrund des ständigen Regens eh nicht daran. Auch wenn der gerade rum ist. Also fragen wir am Gasthaus gegenüber nach einem Zimmer – alles ausgebucht. Doch der Gastwirt ist ein aufgeschlossener und hilfsbereiter Mensch. "Flickt ihr mal euren Reifen, ich kümmere mich um ein Zimmer." Und tatsächlich, während wir uns an die Arbeit machen, findet er nur einen Kilometer weiter eine Unterkunft für uns (Das Thema Reparatur behandelt wir im Blogbeitrag 8 ausführlicher). "Wenn ihr nicht zu lange braucht, mach ich euch noch etwas Leckeres zu essen", sagt er. Na, das ist tatsächlich Ansporn für uns.

Beim Abendessen erzählen wir von unserer Tour. Der Gastwirt bemerkt, wie enorm wichtig er unser Ansinnen findet, und erzählt: Seine Frau sei vor zehn Jahren an Brustkrebs erkrankt und habe die Krankheit nicht überwinden können. "Der Tod gehört zum Leben dazu, doch ich bin gut informiert und achte darauf, dass meine beiden Töchter die Vorsorge wahrnehmen," sagt er gefasst.
Viele Schicksale haben wir auf unserer Reise inzwischen erfahren dürfen, oft durch die dollsten Zufälle. Wir sind dankbar, dass diese Menschen uns teilhaben lassen an ihren Erfahrungen mit dem Krebs. Und keiner von ihnen war verbittert oder negativ eingestellt. Die meisten versuchen ihren Weg zu gehen, gemeinsam mit Vertrauten oder auch alleine. Denn den einen, allein richtigen Weg gibt es nicht.
Am Morgen treffen wir uns nochmals zum Frühstück, bevor es für uns weitergeht. Vorbei am Altmühlsee fahren wir bei sprunghaft wechselndem Wetter über Gunzenhausen nach Treuchtlingen.

Der Tag, mit seiner hügeligen Landschaft, dem Regen und dem teils scharfen Wind, schafft uns und Treuchtlingen ist noch ein ganzes Stück. Wir sind in Wellheim. Es ist schon Abend, als wir an einer knackigen Steigung aus einem Garten heraus angesprochen werden. "Und das ohne Motor - sieht man inzwischen selten hier."
Plötzlich höre ich Reinhard rüberrufen: "Wir suchen noch ein Plätzchen zum Schafen. Haben sie vielleicht einen Garten, eine Scheune oder eine Garage für uns heute Nacht?"
Und was macht unsere Gesprächspartnerin? Kramt nen Schlüssel raus und sagt: "Kommt, ich zeig euch unser Sommerhäuschen. Uns dient es zu Treffen mit Familie und Freunden, vielleicht passt das ja für euch."
Ob das passt? Das ist urgemütlich und unglaublich schön angelegt. Wir können gar nicht glauben, dass wir hier tatsächlich einfach so übernachten und alles nutzen dürfen.
Gegen Abend kommt Angie dann nochmals vorbei und bringt Wein und Essen für uns vorbei. Wir sind echt gerührt, haben damit nicht gerechnet. Wir verquatschen uns und gegen später kommt noch ihr Sohn Leo vorbei.
Angie ist Physiotherapeutin, und sie erzählt uns, dass sie auch Krebspatienten betreut. "Ich kann mit meiner Arbeit den betroffenen Menschen Linderung verschaffen und für sie da sein." Und ernst sagt sie: "Der Tod gehört zum Leben eben dazu und die innigen Begegnungen, sowie die Nähe innerhalb der Familie tragen mich und sind mir eine große Stütze." Dankbar sei sie, das sie das erleben darf. Menschen begleiten zu können, wenn sie gehen, sei schmerzhaft, aber auch besondere Momente.

Am Morgen überrascht uns Leo und zaubert das wohl weltbeste Rührei mit Schinken.
Eine unglaubliche Begegnung. Wir dürfen bleiben, wenn es uns gefällt und es gefällt uns sehr. So bleiben wir insgesamt zwei Nächte und diese Zeit der Ruhe tut uns gut.

Die Landschaft zwischen Gunzenhausen und Treuchtlingen ist von weitläufiger, leicht hügeliger Ausprägung und schlicht unglaublich schön. Kurz hinter Gunzenhausen am Altmühltal-Radweg sehen wir einen kleinen Rastplatz und lassen uns auf eine Vesper nieder. Wir haben leckere Sachen dabei und decken "unseren" Tisch. Tatsächlich achten wir sehr darauf, unser Essen nicht nur einfach zu uns zu nehmen. Die Körper, die uns nun schon seit Monaten durch unser Land tragen, sollen den Moment der Ruhe auch erfahren dürfen. Uns tun diese Momente der Hingabe gut.
In Treuchtlingen angekommen, gönnen wir uns dann gleich noch ein Eis. Ihr wisst ja inzwischen:  Eis geht immer. Wenn es nicht mehr ganz so heiß ist wie im Sommer, wirkt ein Crêpe zum Eis wahre Wunder. Wir nehmen die Leckerei im Café Lebenskunst, einem Inklusionscafe, zu uns. Allein der Name hat uns angesprochen, und wir waren, wie häufig, gut beraten. Sowohl Eis wie auch Crêpes waren lecker. Könnt ihr in jedem Fall besuchen.

Wenn Ihr mehr über die Arbeit der Awareness Deutschland gemeinnützige UG erfahren wollt:

www.blueribbon-deutschland.de
www.pinkribbon-deutschland.de
www.pink-kids.de

Und noch ein klein wenig weiter unten könnt ihr uns einen Kommentar senden - wir freuen uns darüber.

Kommentare

Hallo Sonja,

ja das stimmt wir erleben eine unglaubliche Tour durch Deutschland, und wir empfinden eine große Freude in unseren Herzen das wir das Erleben und ganz nah Erfahren dürfen. Wir finden auch es muss nicht immer so weit weg sein, Deutschland hat so tolle beeindruckende Landschaften und Regionen die sich anbieten um Urlaub zu machen. Die warten geradezu darauf entdeckt zu werden.

Wir wissen ja nicht wirklich was uns am nächsten Tag erwartet. Welche Menschen uns begegnen werden und was sich für uns in der Natur und unterwegs zeigt. Es ist immer wieder aufs Neue sehr schön und beeindruckend

Du hast recht mit deiner Vermutung. In Bad Mergentheim wurde ein kurzes Stück Strasse probeweise verkehrsberuhigt, und da dienen die bunten Schirme Tatsächlich dazu, zu zeigen das eine Zone geschaffen werden soll in der die Menschen wieder mehr Raum bekommen.

Reinhard und ich finden das toll.

Liebe Grüße

Was für eine unglaubliche Tour durch Deutschland. Find ich mal eine tolle Idee das nicht immer irgendwo auf der Welt zu machen.

Ich habe gehört, dass die Regenschirme wohl zu Aufmerksamkeit dienen, in Städten in denen Strassen verkehrsberuhigt werden sollen.